Lohn für Praktikantenarbeit: Klares Urteil des Arbeitsgerichts zu dem immer wieder problematischen Thema Praktikum und Bezahlung
Wie verhalten Sie sich, wenn Sie längere Zeit in einem Unternehmen ein unbezahltes Praktikum machen, in der Hoffnung auf eine Lehrstelle oder eine Hilfsarbeiterstelle, aber am Ende stehen Sie mit Nichts da? Zumindest rückwirkend sollten Ihnen die Arbeitsstunden bezahlt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn Sie wirklich geldwerte Arbeit geleistet haben und nicht ganz überwiegend ausgebildet wurden! Das Arbeitsgericht Bochum hat nun gezeigt, dass Praktikum und Bezahlung sich keineswegs ausschließen und wie sich Praktikanten gegen Ausbeutung zur Wehr setzen können.
Der Fall:
Nach Monaten eines immer wieder verlängerten Praktikums und kostenlosen Jobbens verklagte eine „Praktikantin“ ihren Arbeitgeber auf den entgangenen Lohn. Und bekam vor dem Arbeitsgericht Bochum über 17.000 Euro zugesprochen (Az: 2 Ca 1482/13). Die Praktikantin hatte dargelegt, dass sie über acht Monate unentgeltlich gearbeitet hätte. Es sei keine Ausbildung oder ein Hineinschnuppern in die Arbeit gewesen, sondern ein sei ein ganz normaler Supermarkt-Job gewesen. Sie räumte Regale ein, saß an der Kasse, sortierte im Lager.
Diese Ausnutzung der Gutgläubigkeit der Praktikantin hatte wohl auch Methode: immer wieder verlängerte der Supermarkt das Praktikum um einen Monat und versprach eine anschließende Lehrstelle. Nach vier Monaten schlossen die Praktikantin und die Bochumer Rewe-Filiale einen Ausbildungsvertrag zum 1.9.2013. Bis dahin sollte die Praktikantin unentgeltlich weiterarbeiten. Bis zum Juli 2013 machte die Dauerpraktikantin das Spiel noch mit, dann war das Maß voll und sie suchte sich Hilfe beim Anwalt. Sie wollte die Ausbeutung nicht länger hinnehmen und sah sich in dieser Filiale auch schon längst nicht mehr als Auszubildende. Denn bei diesem Praktikum stand der Ausbildungszweck überhaupt nicht im Vordergrund, wie dies bei einem Praktikum eigentlich üblich ist. Der Arbeitgeber wollte eine reguläre Arbeitsleistung der „Praktikantin“, wollte sich aber um die Arbeitskosten drücken, ein Arbeitspraktikum ohne Bezahlung. In Wirklichkeit aber war allein schon durch die Arbeit der Praktikantin war ein regulärer Arbeitsvertrag zustande gekommen. Wegen der vereinbarten Vergütung „Null“ war dieser Vertrag aber hinsichtlich der Lohnabrede „Null“ sittenwidrig. Dadurch wurde der Arbeitsvertrag selbst nicht ungültig, nur die Lohnabrede “Null” war unwirksam und musste vom Arbeitsgericht durch den üblichen Stundensatz ersetzt werden.
Der Prozess vor dem Arbeitsgericht:
Bei seiner Klage forderte der Anwalt für seine Mandantin die branchenüblichen Stundensätze, also zehn Euro pro Stunde für die geleistete Arbeit. Das Arbeitsgericht Bochum sprach der jungen Frau genau dieses zuzüglich Zinsen auch zu. Einen vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich in Höhe von 13.000 Euro hatte der Supermarktbetreiber vorher als überzogen abgelehnt.
Wichtig bei Lohnklagen in solchen Fällen: alle Arbeitsstunden und Arbeitstage müssen genau dokumentiert werden!
Die Klage der jungen Frau konnte auch nur deshalb so erfolgreich sein, weil sie genau Buch geführt hatte über ihre Arbeitszeiten. Denn nur mit genauen Angaben ist es möglich, Klage einzureichen und das Gericht zu überzeugen. Das Gericht hatte zunächst die Frage zu entscheiden, ob es hier um ein Praktikum und Job gehe. Es musste über die Frage entscheiden, ob die Klägerin eine vollwertige Arbeitsleistung erbracht hatte – dies würde für einen Job sprechen. Oder war die Klägerin betreut und angeleitet worden? Hatte es jemanden gegeben, der sich um die Klägerin wie ein Ausbilder gekümmert hatte? Das hätte für ein Praktikum gesprochen.
Gibt es auch bei Ihnen Praktikanten, die unentgeltlich reguläre Arbeit leisten? Dann kontaktieren Sie mich, damit wir gemeinsam überlegen, wie hier ggf. vorzugehen ist! Denn es ist keineswegs eine unübliche Praxis in vielen Betrieben, echte Arbeit durch kostenlose Praktikanten erledigen zu lassen. Dies aber ist rechtswidrig, ganz unabhängig davon, wie lange das sog. Praktikum gedauert hat. Arbeitsvergütung kann daher auch bei kürzeren „Praktika“ gefordert werden.
Andererseits gibt es heute wie in der Vergangenheit auch weiterhin echte Praktika. Nur müssen diese eben auch als solche erkennbar sein. Praktikum und Bezahlung? Nur dann, wenn in Wirklichkeit echte Arbeit erbracht wurde …. und das ist in vielen Fällen so!