Wann ist ein Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis verpflichtet, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin die Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Fort- und Weiterbildung zurückzuzahlen? Müssen die Kosten ganz oder nur teilweise zurückgezahlt werden? Wann ist die Rückforderung von Fortbildungskosten und Weiterbildungskosten durch den Arbeitgeber berechtigt?
Diese Fragen hatte das Landesarbeitsgericht Hamm zu beantworten.
Sachverhalt:
Der Arbeitnehmer hatte in 2 aufeinanderfolgenden Jahren an einer Weiterbildung teilgenommen und war in diesem Zusammenhang an 191 Arbeitstagen von der Arbeitsleistung freigestellt worden, unter Fortzahlung seiner Vergütung. Die Kosten der Weiterbildung hatte der Arbeitgeber getragen. Nach Auffassung des Arbeitgebers hätten die Parteien im Arbeitsvertrag geregelt, dass der Arbeitnehmer die „entstandenen Aufwendungen für die Weiterbildung, einschließlich der Lohnfortzahlungskosten – wie nachfolgend beschrieben – zu ersetzen hat, wenn das Arbeitsverhältnis auf Wunsch des Angestellten oder aus einem von ihm zu vertretenden Grunde endet.“ Die nachfolgende arbeitsvertragliche Regelung sieht dann eine volle Erstattung der gesamten Aufwendungen im 1. Jahr, eine Minderung um 1/3 im 2. Jahr und eine Minderung um 2/3 im 3. Jahr vor. 4 Monate vor dem Auslaufen seiner arbeitsvertraglich geregelten Rückzahlungsverpflichtung hatte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gekündigt. Der Arbeitgeber fordert nun von dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer restliche Aufwendungen in Höhe von 9.346 € zuzüglich Zinsen.
Das erstinstanzliche Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht und verurteilte den ausgeschiedenen Arbeitnehmer zur Zahlung von 9.346 € nebst Zinsen.
Das Landesarbeitsgericht hatte den Arbeitgeber darauf hingewiesen, dass in dem oben genannten Betrag auch Gesamtsozialversicherungsbeiträge enthalten seien. Der klagende Arbeitgeber reduzierte daraufhin seine Forderung, so dass er nur noch 6.213 € fordert.
Mit seinem Urteil wies das Landesarbeitsgericht Hamm auch diese reduzierte Forderung zurück, wies die Klage des Arbeitgebers ab, mit dem der Arbeitgeber seine Rückforderung von Fortbildungskosten und Weiterbildungskosten gerichtlich durchsetzen wollt, und gab somit der Berufung des Arbeitnehmers gegen das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts statt.
Die Voraussetzungen für eine berechtigte Rückforderung von Fortbildungskosten und Weiterbildungskosten durch den Arbeitgeber können wie folgt zusammengefasst werden:
- der Arbeitnehmer muss durch die Fort- oder Weiterbildung einen echten, geldwerten Vorteil erzielt haben.
- die Arbeitsvertragsparteien müssen schriftlich eine Rückzahlungsvereinbarung bezüglich der Kosten der Weiterbildung und ggf. auch der Freistellung geschlossen haben
- die Rückzahlungsverpflichtungen des Arbeitnehmers dürfen seine Berufsfreiheit aus Art. 12 Absatz ein Satz 1 Grundgesetz (z.B. Interesse des Arbeitnehmers an einer freien Arbeitsplatzwahl) nicht unzumutbar einschränken. Was für den Arbeitnehmer noch zumutbar ist, ist durch eine umfassende Güter- und Interessenabwägung festzustellen. Es darf auf den Arbeitnehmer durch die jeweilige Höhe des Rückzahlungsbetrages und seine Abwicklung kein „unangemessener Bleibedruck“ ausgeübt werden.
Übersteigt danach der Rückforderungsbetrag das Bruttomonatseinkommen des Arbeitnehmers um ein Vielfaches, dann werden die Rechte des Arbeitnehmers nur unzureichend berücksichtigt, wenn die schriftliche Rückzahlungsvereinbarung nur eine jährlich gestaffelte Minderung des Rückzahlungsbetrages vorsieht. Die Rückzahlungsvereinbarung ist nur dann wirksam, wenn eine differenzierte, z.B. monatliche Staffelung der jeweils rückzahlbaren Beträge erfolgt.
Im vorliegenden Fall war damit der Arbeitgeber schon grundsätzlich berechtigt, die Kosten der Fortbildung des Arbeitnehmers zurückzufordern. Die von dem Arbeitgeber ausgearbeitete schriftliche Regelung war letztlich aber deswegen komplett unwirksam, weil die gewählte jährliche Staffelung der Art grob war, dass der Arbeitnehmer noch 4 Monate vor dem Auslaufen der Bindungsfrist eine Rückforderung hätte erbringen müssen, die doppelt so hoch war wie sein monatliches Bruttoentgelt.
Das Gericht musste nicht entscheiden, ob die Rückzahlungsvereinbarung schon deshalb unwirksam war, weil sie eine Rückzahlung der Fortbildungskosten für jeden Fall der Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer vorsah. Dies hätte das Gericht im Ergebnis bejahen müssen, weil es durchaus „unverschuldete“ Eigenkündigungen des Arbeitnehmers gibt, zu denen sogar der Arbeitgeber durch rechtswidriges Verhalten den entscheidenden Anlass gegeben hat.